Dieses Wort hat schon etwas leicht beunruhigendes:
Leitbild!
Viele Menschen vergönnen sich erst einmal eine
Atempause, wenn sie es lesen. Man möchte gewappnet sein, wenn
dieser Begriff auftaucht. Und der Verfasser dieser Zeilen denkt
bei diesem
Wort stets an einen älteren Herrn aus dem vorigen Jahrhundert
im grauen Gehrock, mit Stock und Backenbart. Fragen Sie aber nicht
ihn sondern lieber einen Psychologen, warum das so ist.
Laut einem
Nachschlagewerk aus der Zeit vor der Rechtschreibreform bezeichnet
ein Leitbild jedenfalls eine „leitende Vorstellung
od. deren Verkörperung; Ideal, Vorbild“. Wobei die Formulierung
dieses Eintrages durchaus auch die Vorstellung von einem Mann im
Gehrock verständlich macht.
Besonders geläufig ist der
Begriff allerdings in einem speziellen Zusammenhang. Schließlich
geistern immer wieder Klagen durch den Blätterwald oder werden
auf Symposien laut, dass die gerade aktuelle Jugend keine Leitbilder
mehr habe. Oder die falschen.
Wobei nie genau gesagt wird, was denn letztendlich schlimmer sei.
Zumindest
belegt dies, dass Leitbilder offensichtlich etwas wichtiges sind,
und dass die diesbezüglichen Anforderungen und Auffassungen
höchst unterschiedlich sein können. Und vor allem alters-
und zeitabhängig.
Suchten und fanden vor nicht allzu langer
Zeit Kindergarten-Kinder ihre Leitbilder noch irgendwo zwischen
Bambi und Jim Knopf, so
sind sie heute im günstigsten Fall schon bei Ballack und Co.
oder den Küblböcks dieser Medienwelt angelangt, orientieren
sich an Manga-Helden oder grünen Monstern wie Shrek. Ein paar
Jahrgänge später sind es dann vielleicht Harry Potter
oder Elternschreck Eminem.
Doch bevor an dieser Stelle von Erwachsenen
das übliche Lamento
erhoben wird, schnell noch ein Blick auf deren Leitbilder – natürlich
nicht statistisch ausgewogen und wissenschaftlich fundiert, aber
trotzdem aufschlussreich. Denn die Vermutung, dass Mutter Theresa
oder Angela Merkel nicht unbedingt zu den gefragtesten Leitbildern
des schönen Geschlechts gehören, ist wohl nicht zu gewagt.
Da wird man eher bei Claudia Schiffer oder Männerschwarm J.Lo
fündig. Und neben diversen Sportgrößen dürfte
sich für die Männerwelt vielleicht auch eher ein Flavio
Briatore zum Leitbild entwickelt haben als der Papst. Allerdings
nicht wegen seiner Fachkenntnisse in Sachen Formel 1.
Und außerdem
haben wir allesamt viele große und kleine
Leitbilder, die uns gar nicht so bewusst weil selbstverständlich
sind. Weshalb viele gerne in ihrer Freizeit grillen oder mindestens
einmal im Jahr in Urlaub fahren. Die meisten Ideale respektive
Leitbilder sind nämlich Allgemeingut.
Und dies vor Augen wird
auch klar, dass Leitbilder nicht ganz so gefährlich sind wie
oft angenommen. Wenn also jetzt beispielsweise die Gemeinde Taufkirchen
ein neues Leitbild definieren will – siehe
Innenteil -, so muss das niemanden erschrecken. Die alten Leitbilder
müssen nämlich deswegen nicht aufgegeben werden. Es ist
eher so, als würde man sich für ein neues Urlaubsland
interessieren. Oder zu neuen Ufern aufbrechen. Womit wir wieder
ein Projekt „Columbus“ hätten.
pebe