Valentinstag

Vielleicht ist jetzt der beste Zeitpunkt, mal mit einem Vorurteil Schluss zu machen. Ist es doch eine eventuell sogar mutwillig in Umlauf gebrachte Unwahrheit. Denn ebenso wenig wie ein ganz bestimmtes Kräuterbonbon von den Finnen oder Chinesen erfunden wurde, haben Floristen oder Pralinen- und Süßwarenhersteller den Valentinstag ins Leben gerufen.

Fakt ist nämlich, dass dieser Tag schon zu Zeiten gefeiert wurde, als es Fleurop oder Schokolade in Herzform noch gar nicht gab. Vielmehr gab es seit dem 5. Jahrhundert unserer Zeitrechnung mit dem 14. Februar einen Tag, an dem in der katholischen Kirche eines heiligen Valentinus gedacht wurde. Auch wenn man nicht genau weiß, um welchen Valentin es sich dabei exakt handelte, da mindestens zwei in Frage kommen. Sie haben immerhin eine Gemeinsamkeit: Sie wurden beide enthauptet.

Was jetzt vielleicht eher keine Rückschlüsse darauf zulässt, warum insbesondere seit dem Zweiten Weltkrieg nicht nur aktuelle oder mögliche zukünftige Ehefrauen und Lebensgefährtinnen, sondern auch andere Menschen aus dem Umfeld alljährlich mit Süßwaren und Blumen bedacht oder sogar zum Essen eingeladen werden.

Doch viel mehr als die Frage nach der Herkunft und dem Warum des Valentinstags quält momentan in Corona-Zeiten die Tatsache, dass die Einkaufsmöglichkeiten eingeschränkt sind, Restaurantbesuche unmöglich, gemeinsame Essen zu Hause an der Arithmetik für mögliche und erlaubte Besucher scheitern. Während sich in den Schubladen die Gutscheine für diverse Dienstleistungen aus früheren Jahren und Jahrzehnten stapeln.

Also wäre eigentlich der beste Zeitpunkt, um in diesem Jahr einmal mit den Schubladeninhalten ebenso aufzuräumen wie mit den lieben Valentins-Gewohnheiten. Schluss zu machen mit von roten Herzen übersäten Pralinenschachteln und Versprechen, dass nach dem Ende des Lockdowns die Einladung zu Schnitzel, Pizza oder Sushi folgen würde. Einen Blumenstrauß kann man auch in diesen Zeiten online im Blumenladen bestellen.

Oder wie wäre es denn, wenn wir uns zumindest daran erinnern würden, dass ja die Kirche damals vor allem diejenigen heilig sprach, die sich für ihre Mitmenschen eingesetzt, für diese oft sogar ihr Leben geopfert hatten. Dass es ursprünglich also gar nicht so sehr – und eher überhaupt nicht – um die natürlich auch nicht so ganz unwichtige romantische Liebe ging. Auch wenn zufällig zu Zeiten des Valentinstages Mitte Februar im Römischen Reich einst ein Fruchtbarkeitsritus gefeiert wurde.

Wie wäre es denn, wenn der Tag mal ausnahmsweise als Gelegenheit gesehen würde, Versprechen durch Taten zu ersetzen. Wenn nicht Pralinen verschenkt werden, sondern einer Nachbarin oder einem Nachbarn zur Hand gegangen, geholfen wird. Die Frau an der Seite, momentan mit Homeschooling zwar schon reich „beschenkt“, mit einem freien Vormittag überrascht wird, und Mann sich selber an den Herd stellt. Und nicht nur Fischstäbchen brät.

Oder man kann, wenn man ganz verwegen ist, vielleicht sogar einem wildfremden Menschen eine Freude machen. Und dabei sogar an den Karl Valentin und weniger an Mon Chéri denken. Die heimische Wirtschaft kann man auch vor und nach dem Valentinstag mit vollem Einsatz unterstützen.

pebe