„Schütt‘ die Sorgen in ein Gläschen Wein!
Deinen Kummer tu‘ auch mit hinein.
Und mit Köpfchen hoch und Mut genug
leer‘ das volle Glas in einem Zug –
das ist klug!
Schließ‘ die Augen einen Augenblick.
Denk an gar nichts mehr als nur an Glück.
Und auf 1-2-3, wirst du gleich seh‘n,
wird das Leben wieder wunderschön!“
Jetzt ist es wieder so weit: Der Fasching setzt zum Endspurt an. Also endlich wieder Gelegenheit ein bisschen abzufeiern, ausgelassen zu sein. Dieses Tier, das in Teilen auch als Nahrungsmittel Verwendung findet, rauszulassen. Und selbstverständlich wird dabei auch wieder ein Gläschen getrunken werden. Vielleicht auch zwei.
Gut, das war jetzt eher ein Scherz. Denn bereits außerhalb des Faschings und bei mieser Laune wird ja schließlich auch schon ganz schön gebechert. Beim Jubiläum des Kollegen. Der Kindstaufe. An Geburtstagen und auf Hochzeiten. Oder weil Samstag ist oder sonst irgendein Wochentag.
Wenn sich ein Außerirdischer anschauen würde, was an einem ganz gewöhnlichen Tag in einem Supermarkt an Getränken mit Alkohol aufs Band gelegt oder aus einem der zahlreichen Getränkemärkte geschleppt wird, er würde wohl annehmen, dass Alkohol für den Menschen so lebensnotwendig ist wie Gemüse, Milch oder Früchte.
Und im Fasching, da ist dann noch mal eine Steigerungsrate drin, wie man sie sich für unser Bruttosozialprodukt nicht einmal erträumen würde. „Schütt‘ die Sorgen in ein Gläschen Wein“, hat der Willi Schneider gesungen. Und Sorgen haben die meisten Menschen ja wirklich mehr als reichlich. Also weg damit, wenn es so einfach geht.
Und Geld dafür gibt es offensichtlich noch genug. 20 Milliarden € werden jedes Jahr für alkoholische Getränke in Deutschland ausgegeben. Zumindest ein Wirtschaftszweig ohne Umsatzeinbrüche. Weil sich tapfere Männer beim heimischen Frühlings- oder Herbstfest einem fröhlichen Wettstreit hingeben, der sie an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit bringt. Es werden Maßkrüge gestemmt, bis deren Inhalt im günstigsten Falle aus den Ohren kommt. Und im Rahmen der Gleichberechtigung stehen respektive sitzen bei solchen Gelegenheiten auch immer mehr Frauen ihren Mann.
Denn nicht nur Auto, Urlaubsziel oder Kleidung sind ein Prestigeobjekt. Auch wer viel verträgt und sogar einer, der mehr trinkt als er verträgt, sie werden nicht mitleidig belächelt, sondern ihnen wird anerkennend auf die Schulter geklopft.
Ein bisschen Statistik gefällig, weil‘s in Zahlen ausgedrückt so schön nüchtern wirkt? 12 Liter reiner Alkohol werden pro Kopf der Bevölkerung jedes Jahr geschluckt. Kind, Greisin oder Antialkoholiker miteingerechnet. Und auch das Resultat ist eindrucksvoll: 2,5 Millionen Menschen sind in Deutschland alkoholbedingt „behandlungsbedürftig“. Die Folgekosten schätzt der Arbeitgeberverband auf 15 Milliarden € pro Jahr.
„Und wie die Alten sungen“, so zwitschern sich auch inzwischen immer mehr Kinder und Jugendliche einen. Denn was sie täglich sehen, ist die zweifelhafte Botschaft, dass man nur mit einem Glas in der Hand fröhlich sein kann. Zugegeben, er ist gewagt, der Gedanke. Gerade im Fasching. Aber vielleicht ist es ja wirklich möglich, sich auch mal „trocken“ zu amüsieren. pebe