Er ist immer recht laut, der Ruf nach Staat, Kommune
und anderen Einrichtungen, wenn wieder einmal etwas nicht so ist
wie es sein
sollte. Aktuell können beispielsweise schneebedeckte oder
vereiste Straßen ein Auslöser dafür sein. „Wo
ist der Räumdienst?“, schallt es da aus dem berufenen
Mund des geplagten Autofahrers. Der zwar für einen strengen
Sparkurs der Kommunen ist, aber trotz der Warnungen in Rundfunk
und Fernsehen bezüglich winterlicher Straßenverhältnisse
wie gewöhnlich aus dem Haus gegangen ist und dann wutentbrannt
feststellt, dass er bei diesem Schleichtempo zu spät ins Büro
kommen wird. Dabei sollte wohl jeder mehr oder minder und buchstäblich
vor der eigenen Türe kehren.
Aber eigentlich kann man es den
Rufern nicht einmal richtig verübeln.
Spätestens seit 1957 der damalige Bundeskanzler Ludwig Erhard
die soziale Marktwirtschaft ausgerufen und „Wohlstand für
alle“ gefordert hat, wurde das Bild vom gut und getreu sorgenden
Vater Staat überdimensional und stetig weitergezeichnet. Und
hatte sich längst in den Köpfen der Bürger festgefressen,
als sich die Talfahrt andeutete, die immer mehr Abstriche mit sich
brachte.
Als Einzelfall: Sträucher, die in den Gehsteig
hineinragen? Ich bin doch nicht für die Natur verantwortlich.
Außerdem:
Wozu haben wir den Bauhof?
Oder riskieren wir mal allgemein einen
Blick auf das Reizthema „Gesundheitswesen“.
Da ließ sich doch wirklich nur noch von bedenkenloser Solidarität
sprechen. Zwischen allen Beteiligten. Jeder hat sich bedient so
gut er konnte und damit ganz konkret an einer „Vollkasko-Mentalität“ mitgestrickt,
die letztendlich zum Kollaps führte.
Es wäre jetzt natürlich
recht einfach, dem Sozialstaat und der sozialen Marktwirtschaft
die Schuld für das grassierende
Anspruchsdenken in die Schuhe zu schieben. Aber es ist wohl schlimmer.
Denn es fängt schon im Mikrokosmos Familie an. Kinder, die
glauben, Mülleimer würden von Heinzelmännchen geleert.
Halbwüchsige, die nicht wissen, wie man selber ein Zimmer
aufräumt. Jugendliche, die sich zwar mit Computerspielen bestens
auskennen, aber noch nicht das Prinzip eines Bügeleisens begriffen
haben. Ganz zu schweigen von Männern, die nicht den Weg zum
Kühlschrank kennen.
Zugegeben, Eigenverantwortung ist kein
besonders fröhliches
Wort. Das klingt nach Arbeit, Mühe, Schweiß und vielleicht
sogar Tränen. Ist die Welt nicht viel schöner, wenn morgens
die Wäsche frisch gebügelt und fertig zum Anziehen auf
dem Stuhl liegt? Straßen und Bürgersteige beim Verlassen
des Hauses trotz heftigen Schneefalls von keiner Schneeflocke berührt
sind? Man sich vorbeugend schon mal vom Arzt etwas verordnen lassen
kann, was dann doch im Sondermüll landet? Ist es nicht irgendwie
verständlich, wenn sich die Herren der Schöpfung das
Bier bringen lassen?
Obwohl es sehr unterschiedliche Lebensbereiche
sind, dahinter steckt ein Gedanke: Warum soll gerade ich mich selber
um etwas kümmern? „Die
Anderen“ lassen ja auch lieber andere arbeiten und sie nehmen,
was sie kriegen können. Vom Staat, von den Kommunen, den Kassen,
von Versicherungen, den sozialen Einrichtungen, der Mutter. Dass
die bisher so freigiebig und freundlich waren, garantiert keine
Fortsetzung. Denn irgendwann ist Schluss. Und so bitter es im Einzelfall
sein mag, dieser Schluss hat bereits angefangen. pebe