Eigentlich hat es ja schon angefangen. Nein, sagt jetzt manche
oder mancher, nächstes Jahr mache ich das nicht mehr mit.
Diese ganze Rennerei wegen der Geschenke, und dann passt der BH
doch wieder nicht. Oder die Krawatte hat die falsche Farbe. Und
außerdem habe ich
das ja schon vergangenes Jahr gesagt, dass ich das nicht mehr
mitmache.
Doch dann kommen die Weihnachtsgans oder auch ein Karpfen, Tante Betty
und Onkel Helmut. Das Thema ist erst mal vom Tisch, mangels Zeit. Aber
sind sie dann rum, die Feiertage, und wird sogar der Jahresresturlaub
abgefeiert, werden sie unausweichlich: Die guten Vorsätze.
Sie fangen zumeist damit an, dass – unterstützt von einer Waage
– der heroische Entschluss gefasst wird, im Neuen Jahr zu fasten oder
auf jeden Fall weniger zu essen. -Erstens weil der Rock zwickt oder die
Hose spannt, und zweitens weil es ja im Rahmen der Klimaveränderung
wieder ein Jahrhundertsommer werden könnte. Wobei bei dieser Planung
das gemütliche Frühstück am Neujahrsmorgen mit Schinken,
Eiern, Semmeln, etwas geräuchertem Lachs und anderen kleinen Leckereien
wie im vergangenen Jahr noch zum alten Jahr gezählt wird.
Aber dabei bleibt es nicht. Schließlich fällt es zumeist
in diesen Zwischentagen auf, dass der Keller nun schon seit vier Jahren
nicht mehr aufgeräumt wurde. Und hatte man sich nicht am Beginn
des gerade ablaufenden Jahres fest vorgenommen, die Handtücher im
Bad immer sorgsam auf den Haken zu hängen? Öfter mal den Mülleimer
raus und außerdem abends nach der Arbeit auch mal eine gute Laune
rein zu bringen? Es ist und bleibt doch wirklich der beste Zeitpunkt,
um in sich zu gehen, Besserung zu geloben und möglichst öffentlich
kund zu tun, was man im Neuen Jahr alles anders zu tun gedenkt.
Es sei denn, man kennt Oscar Wilde, den irischen Schriftsteller. Der
hat nämlich gesagt, dass gute Vorsätze wie Schecks seien, „auf
eine Bank bezogen, bei der man kein Konto hat“. Von seinem Landsmann
George Bernard Shaw, einem Nobelpreisträger für Literatur,
stammt übrigens das fast schon geflügelte Wort, dass der Weg
zur Hölle „mit guten Vorsätzen gepflastert ist, nicht
mit schlechten“.
Und ebenfalls gut auf den Punkt gebracht hat es der deutsche Politologe
und Schriftsteller Lothar Schmidt: „Gute Vorsätze sind sehr
beliebt. Sie lassen sich immer wieder verwenden.“ Hat er gesagt.
Was ja fast ein bißchen bös-willig ist. Schließlich
ist es ja nicht so, dass man sich an Silvester etwas vornimmt in der
Gewissheit, es dann gar nicht umzusetzen. Nein, das tut keiner. Das Problem
dürfte viel eher sein, dass man sich am Neujahrstag einfach nicht
mehr daran erinnert, was man sich alles vorgenommen hat. Die Erinnerung
setzt dann erst im Laufe des Jahres wieder ein. Meistens so Ende Dezember.
pebe