Der Ernst des Lebens

Die Einen liegen oder lagen an fernen Stränden oder heimischen Seen, tourten durch Berge oder Savannen. Die Anderen sind vor allem damit beschäftigt, einen Gedanken hin und her zu wälzen: Habe ich die richtige Entscheidung getroffen? Oder hätte ich mich dafür entscheiden sollen, mich noch nicht zu entscheiden?

Natürlich war es im ersten Moment ein wunderbares Gefühl. Das Zeugnis in den Händen, vielleicht schon den Führerschein in der Tasche – und die zumeist leider eher nicht zutreffende Gewissheit, dass jetzt alles ganz anders wird. Weil man endlich die Schule hinter und das Leben vor sich hat. Doch wenn der Kater von der Abschlussfeier verschwunden ist, kommt auf Schulabgängerinnen und -gänger erst einmal eine richtig große Herausforderung zu. Nämlich der ­Balanceakt zwischen Wunsch und Möglichkeit, zwischen Traum und Wirklichkeit.

Natürlich gibt es Kinder, die schon im ranken Alter von sieben Jahren wissen, dass sie dereinst Quantenphysiker/in werden wollen. Und das dann auch wirklich durchziehen. Das ist aber nicht die Regel. Es ist sehr viel eher der Fall, dass nach mehr oder minder erfolgreichem Schulabschluss erst einmal das Gefühl vorherrscht, man habe sich jetzt mindestens ein Sabbatical verdient oder eine kleine, möglichst von den Eltern finanzierte Weltreise. Und wenn es nur ein paar Wochen oder Monate auf Mallorca sind.

Stattdessen kommt man aber vom Regen in die Traufe, von der Schule in die vollschulische oder duale Ausbildung. Es warten vielleicht Beamten- oder Abiturientenausbildung, Berufs- oder Fachschule, nicht zu vergessen das Studium. Und damit es nicht zu einfach wird, hat man dann auch noch die Qual der Wahl zwischen einigen hundert Berufen. So kann man Wasserbauer/in oder Bürokauffrau/mann werden, Flechtwerkgestalter/in oder Geomatiker/in. Sich erst einmal mit Jobs einen kleinen Überblick zu verschaffen, was die Arbeitswelt so bietet, das gehört eher der Vergangenheit an. Ersatz bietet eine Schnupperlehre, meist noch während der Schulzeit.

Inzwischen und dank Informationstechnik ist auch schon für vermeintlich simple Tätigkeiten ein Bachelor oder ­Master nicht von Nachteil, will man nicht Jahre seines Lebens schlecht oder gar nicht bezahlt in der berüchtigten Praktikanten-Schleife verbringen. Und während einst so manche Schulabgängerin als freundliche Verkäuferin ins Berufsleben startete, ist daraus inzwischen die Fachverkäuferin mit Zusatzkenntnissen in der Lebensmittelchemie geworden. Und aus dem guten alten und ölverschmierten Automechaniker wurde der Kfz-Mechatroniker mit IT-Wissen und Laptop.

Manche werden sich vielleicht nach der Schule sehnen, nach den Zeiten, als es noch galt, die Zeit zwischen den Schulaufgaben möglichst „gechillt“ zu überbrücken. Doch die Tatsache, dass nun „der Ernst des Lebens“ beginnt, muss nicht unbedingt die gute Laune verderben.

Zum einen können eine Ausbildung und ein Beruf auch Spaß machen. Und zum anderen muss die einmal gefällte Entscheidung für den Beruf Stoffprüfer/in ja nicht bedeuten, dass das für den Rest des Lebens die Berufung bleibt. Es gibt genug Beispiele dafür, dass Umsatteln auch dann möglich ist, wenn man nicht Pferdewirt/in geworden ist.

pebe