INNOVA 2008

Es ist schon eine ganze Weile her, dass dem Handwerk ein goldener
Boden attestiert werden konnte, und somit morgens um Sieben die
Welt noch in Ordnung war. Beispielsweise durfte ein Schreiner ziemlich
sicher sein, dass er den Auftrag bekommt, wenn jemand in seiner
Gemeinde eine neue Kommode für seine Socken brauchte. Oder
vielleicht eine neue Haustür
auf dem Einkaufszettel stand, weil diese nach einer feuchtfröhlichen
Feier Schaden genommen hatte.

Heute konkurriert ein solcher Schreiner in einem solchen oder ähnlichen
Fall mit gut einem halben Dutzend Baumärkten in der näheren
Umgebung. Außerdem mit diversen, auf ganz Deutschland verteilten
Versandhäusern, die schon seit geraumer Zeit auch diese Sparte für
sich entdeckt haben. Und nicht zuletzt konkurriert er mit verlockenden
Angeboten aus fernen und manchmal ganz fernen Ländern via Internet,
die zwar nicht garantieren, dass der Käufer auch nur annähernd
das bekommt, was er sich vorgestellt hat. Aber dafür mit Niedrigstpreisen
locken, die alle heimischen Angebote in den Schatten stellen.

Das gilt wohl für so ziemlich alle Sparten und selbst dann, wenn
es sich im Sinne des Wortes um Handwerk handelt. Zu verdanken ist dies „My
Hammer“ und ähnlichen Internet-Plattformen.

Um da das inzwischen herrschende Ungleichgewicht ein bisschen auszutarieren,
hat man schon vor zehn Jahren in der Vilsgemeinde ein markttechnisches
Instrument eingeführt, das zwar einen etwas trockenen Namen hat.
Aber dafür ist es im Laufe der Jahre und dank der Bemühungen
auf der einen Seite und des regen Interesses auf der ­anderen zu
einem ausgesprochen innovativen, farbigen und erfolgreichen Ereignis
geworden.

Mit der alle zwei Jahre – und damit auch heuer wieder – stattfindenden
Gewerbeschau, durchaus angebracht Innova genannt, war man in Taufkirchen
sogar Vorreiter. Zwar gab es zum damaligen Zeitpunkt so etwas schon in
der einen oder anderen Kreisstadt. Aber dass sich eine Gemeinde dieser
Größenordnung an eine Gewerbeschau wagt, das war Ende der
1990-er Jahre noch ein absolutes Novum, selbst in diesem prosperierenden
Landkreis und in direkter Nachbarschaft des Völker verbindenden
Großflughafens mit Expansionsgarantie.

Doch dieser Erfolg beruht natürlich nicht nur auf Akzeptanz in
der Bevölkerung und Engagement der Organisatoren, der Gemeinde und
des Gewerbe­vereins. In Zeiten, in denen das „Normale“ meist
unbeachtet bleibt und oft nur ein „Event“ Aufmerksamkeit
erregt, gelingt es dem Gewerbe aus der Vilsgemeinde hier ganz offensichtlich,
sich ausgesprochen attraktiv zu präsentieren. Was sicher auch dem
persönlichen Einsatz, den vielen Stunden Arbeit und den nicht unerheblichen
Investitionen der Gewerbetreibenden zu verdanken ist.

Aber da gibt es noch etwas. Ob nun Alfons Schuhbeck kochte oder sich
ein Rudolph Moshammer selber inszenierte, was diese Gewerbeschau
an Rahmenprogramm bot und bietet, hat sicher seinen Anteil am Erfolg.
Ob es nun wie in diesem Jahr ein Fußballturnier für junge
Kicker ist oder sich ein Karikaturist die Ehre gibt, der auch Kobolde
mit roten Haaren malt, ob Boogie Dance oder Bauchtanz, Dinosaurierschädel
oder Bogenschießen
– „Gewerbe schauen“ ist hier eben auch so richtig unterhaltsam.

pebe