30 Jahre deutsche Einheit

Dem einen oder anderen Politiker ebenso wie manchen Politikerinnen fällt es mitunter ja nicht so ganz leicht: Defizite eingestehen. Und das noch nicht einmal, wenn diese, um nur ein Beispiel zu nennen, einen erklecklichen sechsstelligen Betrag ausmachen. Umso erstaunlicher ist es dann allerdings, wenn es doch ganz unvorhersehbar und quasi aus heiterem Himmel geschieht. Wie vor kurzem.

Als zum 30. Mal am Tag der Deutschen Einheit an das Ende einer Ära und den Beginn einer neuen Zeitrechnung erinnert wurde. Nämlich an die Wiedervereinigung des einstigen Ostdeutschlands, also der DDR, mit dem sogenannten Westdeutschland zu einer Bundesrepublik Deutschland mit sechs neuen Bundesländern.

Was noch heute nicht wenige Schüler und durchaus auch ältere Menschen bisweilen überfordert, wie diverse Umfragen auf der Straße ergeben haben. Gehören doch nun dementsprechend viele neue Bundesländer und ihre Landeshauptstädte mehr oder minder zur Allgemeinbildung, ganz zu schweigen von den Namen der dazugehörigen Ministerpräsidenten und aktuell einer Ministerpräsidentin.

Doch nicht dieser wohl eher zweitrangige Bildungsnotstand war der Anlass für manch mahnendes Wort anläss­lich der diesjährigen Feierlichkeiten am Tag der Deutschen Einheit.Schließlich hatten ja schon zuvor manche Menschen ein Problem damit, die Bundesländer der alten BRD aufzuzählen.

Nein, in der einen oder anderen der Reden wurde vielmehr angedeutet, dass es immer noch eine gewisse Kluft geben würde. Zwischen den Menschen im Osten der Republik und jenen im Westen. Also noch nicht so ganz hundertprozentig zusammengewachsen wäre, was zusammengehört. Und das kann und sollte man auch auf gar keinen Fall ignorieren. Man sollte das ernst nehmen.

Zwar ist inzwischen selbst auf Mallorca in den Bars und auf den Stränden unüberhörbar, dass die Wiedervereinigung stattgefunden hat. Aber, so ehrlich muss man sein, während viele Menschen aus den jetzt ja nicht mehr so ganz neuen Bundesländern schon in München, Köln oder sogar Saarbrücken waren, vielleicht hier sogar leben, sind Mecklenburgische Seenplatte, Hohe Schrecke in Thüringen oder Spreewalder Gurken immer noch böhmische Dörfer für weite Teile der Wessis.

Aber ist da nicht auch ein Silberstreif am Horizont? Es ist zwar nicht ganz freiwillig. Doch die Chancen stehen nicht schlecht aufgrund der aktuellen Situation, dass sich das in absehbarer Zeit zum Guten wenden wird. Nachdem jetzt nämlich und wohl noch für einige Zeit so gut wie fast alle Urlaubsziele in Europa, Asien oder auch in Übersee wegfallen, bleibt ja im alten Westen, also in Bayern, Nordrhein-Westfalen oder sogar im Saarland, oft nur noch die Ent­deckungsreise in den Osten der Republik.

Und wann lernen sich Menschen besser kennen als im Urlaub. Wann geht man mehr aufeinander zu, als in der bekanntlich schönsten Zeit des Jahres. Zugegeben, ein Urlaub bringt es leider fast immer mit sich, dass gleichzeitig andere Menschen arbeiten müssen, etwa in Hotels und Gaststätten.

Aber man sollte das auch positiv sehen. Schließlich kommt man so sehr viel leichter miteinander ins Gespräch, als wenn man an fernen Stränden mit mindestens 1,5 Metern Abstand im Sand liegt.

pebe