Eine Taufkirchener Institution: Das Kinocafe

Kinocafe LenzeSeit 2000 führt Andreas vom Hofe, eigentlich nur als „Lenze“ bekannt, das Taufkirchener Kino mit Café und hat es derart geprägt, dass mancher „zum Lenze“ statt „ins Kinocafe“ geht. Gerechtfertigt ist eine solche Personifizierung spätestens seit 2012, als er das Gebäude erwarb und so bis heute dem Ort ein wichtiges Stück Kultur erhält.

Das Haus mit der Nummer 17 ½ in der Erdinger Straße hat eine lange Kino-Tradition. Eingerichtet wurde es von Franz und Sabine Festl. Die erste Vorführung durch die beiden – im „Schloss-Theater“, wie man es damals taufte – konnten die Taufkirchener im Mai 1953 besuchen. In den folgenden Jahrzehnten legten viele verschiedene Hände Filmrollen ein oder rissen Eintrittskarten ab, immer wieder musste man schließen, immer wieder fanden sich aber neue Betreiber.

Gäbe es einen Oscar für den beständigsten Kino-Inhaber Taufkirchens, ging er an Andreas vom Hofe. Er war bereits bei drei seiner Vorgänger ab 1987 mit dabei, hinterm Tresen im Café oder im Vorführraum. In den vergangenen zwei Jahrzehnten sorgte er – die längste Zeit mit Unterstützung von Franzi Weber – dafür, dass sich langjährige Gäste noch immer wohl fühlen und neue Besucher gerne wieder kommen. Die Hälfte des Kinosaals ist mit stilechten, rot bezogenen Klappsesseln bestuhlt, noch beliebter sind jedoch die recht bunt zusammengestellten Couchen davor, die Wohnzimmeratmosphäre verbreiten.

Weniger dazu passen würden Popcorneimer und Literbecher Cola; im Taufkirchener Kino sitzt man eher mit einem Glas Rotwein und einer Schale Pistazien. Bei einem Vorführsaal und zwei Vorstellungen pro Abend stellt sich natürlich die Frage nach Auswahlkriterien und Maßstäben, mit denen Lenze das Programmheft, das in mehreren Läden und Flyer­ständern in Taufkirchen (Vils), Dorfen und Velden ausliegt, füllt. „Ich spiele das, was mich interessiert“, ist seine knappe Antwort hierzu.

Kinocafe-Logo 2012Im Taufkirchener Kino sitzt man eher mit einem Glas Rotwein
und einer Schale Pistazien.

Und das bedeutet für die Kinobesucher sicherlich keine Einschränkung, im Gegenteil: Mit seinem breiten Filmgeschmack und der gezielten Suche nach kleinen Leinwandschätzen – von manchen hätte man im Cineplex nicht mal einen Trailer gesehen – erstellt er den monatlich wechselnden Spielplan mit bis zu fünf verschiedenen Streifen. Regisseure und Schauspieler, Herkunftsland oder Machart sind Kategorien, in denen sich der Lenze über viele Jahre Kompetenz angeeignet hat und damit eine breit gefächerte und Niveau geprüfte Vorauswahl trifft.

Heitere Komödien für die ganze Familie sind dabei sicher nicht ausgeschlossen, schon gar nicht, wenn sie in der Heimat spielen und mit „Grießnockerl“ oder „Sauerkraut“ zu tun haben. Genauso laufen aber Schwarz/Weiß-, Kunst- und Arthouse-Filme, Oscar-Gewinner aus vergangenen Jahren und einmal im Monat „Der politische Film“. Über das nötige Hintergrundwissen zum jeweiligen Thema informieren dann vor den Reportagen oder Dokumentationen Mitglieder des „Forum Links“, mit dem das Kinocafe dabei kooperiert. Auf den nächsten Teil „Fast & Furious“ wird man aber wohl vergeblich warten.

Regelmäßig, zumindest bis zur Pandemie, wurde ein Teil des Kinosaals zur Bühne oder Tanzfläche. Kabarettisten wie Gerd Baumann waren zu Gast, Bands wie „d‘Heftl“, „De Bavarian Immigrants“ oder die „Gnadenkapelle“ spielten Konzerte und bei der immer wieder stattfindenden „Offenen Bühne“ zeigten Musikschüler, noch unentdeckte Formationen, Wortkünstler oder ganze Chöre ihr Können und Talent. Derartige Veranstaltungen waren meist bestens und bis auf den letzten Sitzplatz besucht – wie lange man noch auf das Kinocafe als Kulturbühne verzichten muss, ist nicht abzusehen.

Kinocafe Kultur
Kulturprogramm – hoffentlich bald wieder zu sehen: Der Liedermacher und Kabarettist Jakob Heymann gemeinsam mit der Taufkirchener Musikerin Andrea Traber auf der Bühne des Kinocafes.

„Es ist für viele eine schwierige Zeit. Jeder von uns ist ständig vor eine Risikoabwägung gestellt. Bei Kino-Vorführungen ist das Risiko noch im Griff zu halten, das Kulturprogramm ist aber derzeit nicht machbar“, hat Lenze für sich entschieden.

Täglich ab 20 Uhr, mit Ausnahme Dienstag, ist wieder das Café geöffnet. Holzvertäfelte Wände, gedämpftes Licht, Zierpflanzen und das allgegenwärtige „Kino-Rot“ erzeugen ein ruhiges, gemütliches Ambiente.

Gerne besucht wird das Café nicht nur vor und nach den Filmvorstellungen. Regelmäßig finden sich Quiz-, Risiko- oder Schafkopfrunden zusammen. Ebenso ist das Kinocafe als Treffpunkt von Exil-Taufkirchenern beliebt, die nur alle heiligen Zeiten zurück in die Heimat kommen und dann hier mit Freunden in Erinnerungen aus alten Zeiten schwelgen. Zu hoffen bleibt, dass man schon recht bald an das Betreten des Kinos mit Mund-Nasen-Maske und an den ausgesetzten Veranstaltungsbetrieb als eine vergangene Zeit zurückdenkt.

Text und Fotos: Fabian Holzner