Der Weidenhain

Er wächst und wächst …

Grünes, lebendiges und monumentales Naturkunstwerk

Stetig wächst der Taufkirchener Weidenhain, dazu leisten die Natur und der Erdinger Künstler Harry S. gleichermaßen ihren unermüdlichen Beitrag. Ende April erweiterte Harry S. die Freilicht-Kunstausstellung, die ebenso Erholungsgebiet ist, um eine weitere Holzskulptur, den „Friedensengel“.

HarryS Weidenhain2020-FH
Harry S. mit seinem „Friedensengel“
Foto: Fabian Holzner

Das Zusammentreffen mit der Corona-Pandemie war Zufall, wird der mit einer Kettensäge geschnitzten Statue wohl aber eine bleibende Interpretation und zeitgeschichtliche Bedeutung verleihen – ein Schutzengel für die Gemeinde. Inspirieren ließ sich Harry Seeholzer dabei vom Friedensengel in München Bogenhausen.

Dass das drei Tonnen schwere Ei, aus dem der Engel „geschlüpft“ ist, in kräftigem, dunklem Blau bemalt ist, hat einen tieferen Hintergrund. Der Farbton gleicht Lapislazuli, einem der teuersten Pigmente. Seit tausenden Jahren wird dieses aus einem Halbedelstein gewonnen und war in der abendländischen Kunst Darstellungen der heiligen Familie vorbehalten. Häufig verwendet Harry S. dieses Blau und gibt seinen Kunstwerken damit einen sakralen Charakter.

Der gesamte Weidenhain, den er seit 2008 gestaltet, wurde von ihm als besinnlicher und spiritueller Ort angelegt. Spiritualität versteht der 60-jährige Künstler nicht in einem religiösen Sinn, sondern als bewusste Beschäftigung mit der Natur. Schon mit dem 2009 errichteten „Woodhenge“, geschaffen nach dem steinzeitlichen Vorbild aus Südengland, das als Sonnenkalender genutzt wurde, entstand eine Verbindung zu den Anfängen einer rituellen Naturverbundenheit.

Weidenhain 2015
Weidenhain mit „Woddhenge“, 2015

Seeholzers zweites architektonisches Kunstwerk auf dem Gelände zwischen Vils und Bundesstraße verschafft Taufkirchen sogar einen Rekord: Die Weidenkuppel ist mit einem Durchmesser von 22 Metern die größte ihrer Art in Europa. Ideen und handwerkliches Wissen holte sich Harry S. bei der Zusammenarbeit mit dem Künstlerkollegen und „Weidenpapst“ Marcel Kalberer, der Kirchen aus gebundenen Weidenruten entstehen lässt.

In der Auseinandersetzung mit dieser außergewöhnlichen Kunstform fand Seeholzer schnell zu einer eigenen Technik; er lässt dem natürlichen Wuchs der Bäume freien Raum. Und auch aus einer Erfahrung im Winter 2015 musste er lernen: Eine große Schneelast drückte die Weidenkuppel ein, aufwändig wurde sie wieder aufgerichtet.

HarryS Naturfest 2009
22 Meter Durchmesser – erst im Inneren der Kuppel bekommt man ein Gefühl für die Größe: Der Künstler erklärt sein Werk, hier beim Naturfest 2009.

Die mittlerweile fünf Holzskulpturen im Weidenpark schuf der Künstler in seinem unverkennbaren Stil, nur mit Kettensägen. „Eine Kettensäge hat was ganz archaisches und ist mehr Waffe als Werkzeug“, beschreibt er seine Technik und fügt an: „Die Bildhauerei ist eine sehr ehrliche Kunst, egal ob Stein oder Holz. Nachbearbeiten wie beim Malen, Modellieren oder Fotografieren ist dabei kaum möglich – was weg ist, ist weg“.

Dennoch geht Seeholzer dieses Wagnis mit jahrelanger Erfahrung, in einem stetigen Lernprozess und mit der notwendigen, großen Konzentration immer wieder gerne ein. 2006 hatte er sich eine Zeitspanne von 30 Jahren gesetzt, in denen er den Weidenhain von einer feuchten Wiese zu einem Kunstpark formen will. Kürzlich verriet er, dass der „Friedensengel“, der „Wächter“ und die „drei reziproken Weisen“ bald Gesellschaft von seiner „Hexe auf dem Scheiterhaufen“ bekommen. Bislang wird diese Skulptur neben der Bundesstraße 15 in Karbaum, wo sich sein Atelier befindet, „gemartert“.

Zeit, Geld und Arbeit will Harry S. auch in die Wiederherstellung des „Woodhenge“ und die Fortsetzung des Weiden-Kreuzgangs investieren. Seine Motivation ist, Taufkirchen (Vils) damit zu bereichern: „Ich mache das für die Taufkirchener Bevölkerung, sonst hätte ich einen Zaun um das Gelände gezogen“. Als einzige Gegenleistung wünscht Harry Seeholzer sich einen achtsamen Umgang aller Besucher mit seinem Kunstwerk.

Darüber hinaus kann sich jeder am weiteren Aufblühen des mehrfach preisgekrönten, grünen Vorzeigeprojektes der Gemeinde durch eine Mitgliedschaft im Förderverein „S-amhain“ (www.s-amhain.de) beteiligen.

Text: Fabian Holzner