Sammelleidenschaften

Fangen wir doch einmal mit ein paar dieser exotischen Objekte der einstigen Begierde an, die heute von den jungen Menschen wohl kaum noch jemand kennt. Oder wer von ihnen hat noch die Sammeltassen in Ur-Großmutters Glasvitrine mit eigenen Augen gesehen? Und was Stocknägel sind, das dürfte unter ihnen ebenso unbekannt sein wie die Hauptstadt von Burkina Faso.

Obwohl sie doch eines der ganz wenigen Kulturgüter sind, die einmal den umgekehrten Weg gegangen sind. Es gibt sie nämlich erst seit Ende der 1990-er Jahre auch in den USA. Bis dahin waren die kleinen Blechplaketten mit bisweilen herrlichen Bergmotiven nur in Mitteleuropa von keinem Wanderstock wegzudenken.

Das könnte jetzt vielleicht ein Stirnrunzeln und die Frage aufwerfen, was denn Sammeltassen und Wanderstöcke miteinander zu tun haben. Wenn man nicht wüsste, dass beides Sammler-Objekte waren und oft vor allem eines gemeinsam hatten: Dass sie verlässlich an Orte erinnerten, die man besucht hatte. Nach dem Motto, zeige mir deine Sammeltassen oder deinen Wanderstock, und ich weiß, wo du schon überall warst.

Was übrigens auch durchaus zutreffend war für den Klassiker, die Bierdeckel, hierzulande auch Bierfilzl genannt. Verbürgter maßen soll es Sammler gegeben haben, die lange und weite Wege auf sich nahmen, um in jeder Gastwirtschaft am Wegesrand nach einem Bierdeckel zu fragen. Was zudem beweist, dass Bierdeckel-Liebhaber nicht unbedingt dem Alkohol verfallen sein mussten.

Und außerdem waren auch sie nur die Spitze eines Eisberges, denn schließlich wurden dereinst natürlich auch Postkarten gesammelt oder Heiligen-Bildchen und die Briefmarken aus aller Herren Länder. Auch wenn im Zusammenhang mit letzteren mit einem auch heute bisweilen noch kursierenden Gerücht aufgeräumt werden muss. Die Frage an eine junge Dame, ob sie sich nicht mal die Briefmarkensammlung ansehen wolle, hat so gut wie nie zu einem befriedigenden Ergebnis geführt. Aber zumindest konnten manche Briefmarken mit guten Renditen trösten.

Womit wir schon bei einem wichtigen Aspekt der Sammelleidenschaft wären. Natürlich gab es immer betuchte Menschen, die sammelten, um auch Vermögen anzuhäufen. Aber über die haben die leidenschaftlichen Sammler von Panini-

Fußballer-Bildern schon immer die Nase gerümpft. Für den wahren Sammler ging und geht es vor allem darum, die Sammlung zu vergrößern, zu komplettieren. Dass es nicht darum geht, reich zu werden, beweisen nicht zuletzt jene, die alles sammeln, was ihnen unter die Finger kommt.

Weshalb der Sammelleidenschaft auch nur durch Platzprobleme Einhalt geboten werden kann. Was den Sammlern von heute kaum mehr passieren kann. Denn Fakt ist, abgesehen von ein paar Exoten gibt es kaum noch jemand, die oder der sich für Stocknägel oder Sammeltassen interessiert.

Was heutzutage und vor allem von den jungen Leuten gesammelt wird, das sind Selfies, Freunde bei Facebook oder Follower bei Instagram. Und natürlich Fotos aus allen Lebenslagen auf dem Smartphone mit 256 Gigabyte Speicher. Also mit Platz für Millionen Bilder. Die sich wahrscheinlich nie wieder jemand anschaut.

Weshalb man sagen könnte, dass junge Leute nicht mehr so richtig sammeln. Es wird nur nicht mehr weggeschmissen.

pebe