Glücksmomente

Die Industrie – und da ganz besonders die Lebensmittelindustrie – will uns ja mehr oder weniger permanent glauben lassen, dass es völlig ausreichend wäre, eines ihrer Produkte zu kaufen. Und schon würde man nach kurzer Zubereitungszeit oder auch nur nach dem Aufreißen der Packung einen jener Glücksmomente erleben, die den tristen Alltag erträglich machen und dem Leben einen Sinn geben können.

Zumindest suggerieren das unter anderem unzählige TV-Werbespots, in denen Frauen, Männer, kleine und größere Kinder und manchmal sogar Tiere nach dem Verzehr eines Joghurts, eines Stücks Schokolade oder sogar einer Bratwurst so verklärt dreinschauen, als hätten sie gerade ein überirdisches Nirwana in seiner ganzen Pracht erblickt.

Doch spätestens wenn man dann von einem dieser Glück verheißenden Artikel eine Großpackung erstanden hat, um nun mit schöner Regelmäßigkeit und täglich einen Moment des Glücks zu erleben, wird klar, dass es sich letztendlich doch nur um eine verkaufsfördernde Maßnahme gehandelt hat. Denn wahres Glück sieht anders aus und ist in 99,9 Prozent der Fälle auch nicht käuflich zu erwerben.

Allerdings sollte man sich auch vor Glücksversprechungen hüten, die mit äußeren Rahmenbedingungen verknüpft sind. Wie zum Beispiel der Behauptung, dass für eine Frau die Geburt eines Kindes der glücklichste Moment auf Erden sei. Glaubwürdigen, authentischen Berichten zufolge kann davon ausgegangen werden, dass eine Frau in erster Linie glücklich ist, wenn es vorbei ist. Und dann eigentlich auch zu erschöpft, um noch irgendein Glück nachhaltig zu genießen.

Ebenso ist es mit jenem berühmten, schönsten Tag des Lebens. Womit nicht der erste Tag des Rentenzeitalters, sondern doch eher der Tag der Hochzeit gemeint ist. Marginal ist die Zahl derer, die diesen Tag nicht als eher anstrengend bezeichnen würden, manchmal sogar schlimmer.

Und das Glück liegt auch nicht einzig auf dem Rücken der Pferde, wie ein Sprichwort behauptet. Aber es kann durchaus mit einem Pferd zusammenhängen. Und ja, sogar mit einer Hochzeit, einer Geburt, etwas Essbarem. Denn Glücksmomente sind das Ergebnis unterschiedlichster Komponenten.

Es ist nicht „die Hochzeit“, sondern vielleicht dieser eine Moment, als während der Trauung ein Sonnenstrahl durch das Kirchenfenster lugte. Oder als kurz nach der Geburt, das Kind bereits im Arm, der Duft von frischem Gras in die Nase stieg. Und von einem prominenten Taufkirchner ist sogar bekannt, dass er Glücksmomente beim Snowboarden im stiebenden Schnee empfand. Weshalb er in diesen Momenten sogar lauthals gesungen haben soll.

Es kann das Trällern einer Amsel an einem Sommerabend sein, der Blick ins Gesicht eines geliebten Menschen, das Lob für eine Arbeit, ein Moment der Ruhe nach aufregenden Zeiten oder natürlich auch etwas, das man sich lange gewünscht hat und auf einmal in Händen hält.

Doch all diesen Ursachen für einen Moment des Glückes ist eines gemeinsam. Sie sind nicht planbar. Nicht vorhersehbar. Und man kann sie nicht erzwingen oder sich auch einfach nur herbeiwünschen. Das Glück ist ein freiheitsliebender Geselle, der sich nichts vorschreiben lässt. Und schon gar nicht lässt er sich festhalten.

Alles was man tun kann ist, diesen Moment zu genießen wenn er da ist, verbunden mit der Hoffnung, dass es vielleicht wieder einmal einen solchen Augenblick geben wird. Auch wenn man sich da nie sicher sein kann. Glücksmomente sind wie Sternschnuppen.

pebe