Lebendige Ortsmitte – Chancen für Gestaltung, Aufenthalt und Einkaufen in Taufkirchen (Vils)

Bericht von Moderatorin Ursula Ammermann vom Planungsbüro citycom München über den bisherigen Projektverlauf

Mit insgesamt vier Veranstaltungen lädt die Gemeinde ihre Bürgerinnen und Bürger ein, sich über die Zukunft der Ortsmitte Gedanken zu machen. Zwei Treffen haben bereits stattgefunden: Ein Informationsabend am 30.9.2010, an dem die Gutachter die Ergebnisse ihrer Bestandserhebungen vorstellten, und eine erste Werkstatt für Geschäftsinhaber am 11.10.2010.

Jetzt sind als Drittes wieder die Bürger am Zug: In der Bürgerwerkstatt am 30.10.2010 wird von 10 – 17 Uhr im Rathaus intensiv an Ideen und Vorschlägen für eine lebendige Ortsmitte gefeilt. Aufenthaltsqualität, Fuß- und Radwegverbindungen, Grünflächen, grüne Netze, Fassadengestaltung, Einkaufen in der Ortsmitte – dies könnten einige der Themen sein, die für die Taufkirchener von Interesse sind. Der Autoverkehr, der das Zentrum erdrückt, gehört zu den Rahmenbedingungen, die dabei berücksichtigt werden müssen. Aber, so die Moderatorinnen des Prozesses, Ursula Ammermann und Brigitte Gans von citycom München, der Verkehr wird nur eines von vielen Themen in der Werkstatt sein. Gesucht sind neue Ideen, wie die Ortsmitte weiter entwickelt werden soll. Auch Schüler der Realschule haben sich im Vorfeld Gedanken zu „ihrer“ Ortsmitte gemacht. In der Werkstatt wird dies vorgestellt.

Im Anschluss daran gehen die Gutachter mit den Anregungen der Bürgerinnen und Bürger in Klausur. Und am 20.Januar 2011 gibt es einen Abschlussabend: Die Gutachter stellen ihre Konzepte und Vorschläge für die Zukunft der Ortsmitte vor, in die sie die Vorstellungen der Bürger eingearbeitet haben.

Ortsmitte als Einkaufs- und Erlebnisstandort

Ortsmitte Infoveranstaltung

Jan Vorholt von der GMA (Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH München) benannte am Informationsabend, an dem über 300 Bürger teilnahmen, die Problempunkte der Ortsmitte als Einkaufsbereich: Die Ortsmitte schafft es nicht, sich gegenüber dem Einkaufszentrum (EKZ) zu profilieren – die Taufkirchener kaufen lieber im EKZ ein. Seine Schlussfolgerung: Der Einzelhandel muss zukünftig auf die Ortsmitte konzentriert werden, wenn diese als zentraler Einzelhandels- und Dienstleistungsstandort sowie als Treffpunkt stabilisiert werden soll.

Dies ist nach Meinung der GMA mit dem von ihr entwickelten Einzelhandelskonzept möglich. Potentiale sieht Vorholt in der Gestaltung der Geschäfte, der Einkaufsatmosphäre, Angebot und Service. Auch die Geschäftsinhaber wollen und können viel dazu beitragen, dass die Ortsmitte lebendig wird. In der Werkstatt mit rund 60 Teilnehmern reichten die Ideen von Einrichten eines Wochenmarktes, Flächenzusammenlegung bei Leerständen, Gestaltung der Ortseingänge, Einkaufsführer für die Ortsmitte, Weihnachtsmarkt, Parkleitsystem bis zur Förderung der bewussten Einkaufsentscheidung für die Ortsmitte bei den Bürgern.

Ortsmitte Unternehmer

Viel zu viel Autoverkehr in der Ortsmitte

Der Informationsabend stand ganz im Zeichen der Sorge um die heutige und zukünftige Verkehrsentwicklung und der Verkehrssicherheit, vor allem der Kinder. Helmut Ammerl vom Büro Obermeyer Planen und Beraten GmbH belegte die jedem Taufkirchner vertraute Situation mit aktuellen, von ihnen ermittelten Zahlen: Die Gesamtbelastung in der Ortsmitte liegt mit durchschnittlich 15.500 Autos in der Landshuter Straße (19.790 Autos am Marktplatz) in 24 Stunden weit über der Durchschnittsbelastung an Bundesstraßen.

Besonders störend ist der Schwerlastverkehr. Er besteht zu 52% aus reinem Durchgangsverkehr. Schwierigkeiten beim Überqueren der Bundesstraßen, erhebliche Rückstaubildungen, Überstauung der Einmündungen z.B. am Attinger Weg und zum Rathausparkplatz, Einschränkungen in der Abwicklung des Schulbusverkehrs am Attinger Weg wurden von den Bürgern als konkrete Problempunkte angesprochen. Videoaufnahmen zeigten deutlich: Fußgänger und Radfahrer kommen kaum über die B15, Busse und Abbieger stecken oft fest. Die Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte, die auch durch die Umgestaltung des Rathausplatzes gewonnen hat, leidet unter dem hohen Verkehrsaufkommen.

Auch die Nachbarstraßen wie die Vöttinger Straße und die Zugspitzstraße sind stark belastet und leiden unter überflüssigem Durchgangsverkehr. Helmut Ammerl stellte klar: Wenn das Verkehrsaufkommen, insbesondere der Schwerlastverkehr und der Durchgangsverkehr im Ortszentrum, reduziert wird, verschwindet der Rückstau im Bereich des Ortszentrums. Fußgänger und Radfahrer kommen sicherer über die B15. In den Anliegerstraßen wie Vöttinger – und Zugspitzstraße wird es ruhiger. Es entsteht Spielraum zur Verbesserung der Aufenthaltsqualität in der Ortsmitte.

Die Diskussion mit den Bürgern ergab, dass bei allen möglichen Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrsaufkommens sorgfältig abgewogen werden soll, welche langfristigen Auswirkungen sie haben. Vor allem soll ­darauf abgezielt werden, dass bauliche Maßnahmen wie eine Ortsumgehung tatsächliche Entlastungseffekte erbringen.

Der Weg zu einer attraktiven Ortsmitte

Wie Ortsmitte und Ortsbild schöner werden, zeigte Mechthild Siedenburg von der Planungsgemeinschaft Zwischenräume am Informationsabend in eindrucksvollen Bildern. Das Münchner Architekturbüro begleitet seit Jahren die Ortskernsanierung. In der Ortsmitte hat sich in den letzten Jahren viel getan – von der Gestaltung einzelner Fassaden bis zur Pflanzung von Bäumen. Mechthild Siedenburg stellte erste Vorschläge vor, die sie gerne in der Bürgerwerkstatt mit den Bürgern weiterbearbeiten möchte: Der Ausbau des Grün- und Wegenetzes und der Aufenthaltsbereiche, die Erreichbarkeit des Ortskerns für Radfahrer und Fußgänger aus dem Ort und in die Umgebung, die Verbesserung der Aufenthaltsqualität durch Sicherung ausreichend breiter und angenehmer Gehwege entlang der Hauptstraßen, Platzaufweitungen (Bänke, Grün), die Verbesserung der Orientierung im Ort, das Hervorheben und Inszenieren schöner Fassaden und Möglichkeiten zur Unterstützung von Fassadenrenovierungen.